March 27, 2014

Dubai und Pakistan - zwei Kontrastwelten

Tag 123: Auf geht´s in die Wärme

Neuer Versuch die Iran-Visa zu verlängern; und diesmal klappt es auch. In der Zwischenzeit buchen wir die Fähre und kaufen die Bustickets nach Bandar-Abbas. Auch wenn wir gerne mit dem Fahrrad hingefähren wären, hätten wir zuviel Zeit verloren....natürlich hätten wir direkt mit den Schweizern fahren können, aber das wussten wir ja nicht. Diese werden nämlich zusammen mit den Franzosen genau dieselbe Fähre nehmen. Und so freuen wir uns auf ein baldiges Wiedersehen.

Der Bus kommt abends um 10 Uhr in Bandar-Abbas an und trotzdem ist es noch schön warm, da wir ca. 1700m tiefer sind.


Wir begeben uns auf die Suche nach einem Hotel, doch bevor wir eines finden, treffen wir Mashod. Er ist superlieb und bringt uns zum Hotel aus dem Lonely Planet. Leider ist dieses voll und auch die 2 nächsten. Dann finden wir eines, jedoch mit 27 Euro für uns beide pro Nacht eigentlich über unserem Budget. Ich habe schon wieder Bauchkrämpfe und es ist spät, also checken wir ein.

Tag 124: Freizeitbeschäftigungen im Iran

Wir geniessen die Wärme und spazieren ein wenig durch die Stadt. Wie immer gibt es frische Säfte, viel Obst und Falafel. Ausserdem suchen wir Sandalen, denn für unsere restlichen Schuhe ist es so langsam wirklich zu heiss. Ich kann es kaum erwarten Dubai zu erreichen, denn mit all den Kleidervorschriften wird es auch mir langsam warm (immerhin sind Sandalen erlaubt). Und wir sehen das Meer (!) und einen Stadtstrand an dem aber niemand badet. Wie auch, wenn man sich den ganzen Körper bedecken muss. (Ich glaube man merkt, dass ich mittlerweile mehr als einen Monat strikten Kleiderregeln folge und ich so langsam anfange meine Freiheit zu vermissen)

Dann ruft uns Mashod an. Eigentlich wollten wir ein bisschen für uns sein, denn irgendwann wird es anstrengend die ganze Zeit "Gast" zu sein. Aber Mashod ist super lieb und so verabreden wir uns am Abend mit ihm. Er bringt auch noch eine Freundin mit, Mojde. Was für ein genialer Abend! Genau das fehlte uns noch in unsere Erfahrung...Unterhaltungen mit zwei Studenten.

Erst trinken wir einen Tee im Hotel und dann suchen wir einen Ort, wo man etwas unternehmen kann. Aber es ist schwierig, da es keine Bars oder Cafés gibt. Also fahren wir an den Strand uns spazieren dort ein bisschen. Dann fällt den beiden aber doch noch etwas ein: der sogenannte "Jungle-Park". Es sieht zwar nicht aus wie der Jungle, zeigt mir aber dennoch, dass es auch hier einen Ort gibt, an dem Studenten und Jugendliche Zeit verbringen können. Die meisten Leute picknicken auf Teppichen, rauchen Wasserpfeife oder spielen Volleyball und wir sehen sogar eine Gruppe Mädchen, die hin- und her joggt. Es macht mich auf merkwürdige Weise glücklich, diesen Ort zu sehen, der für uns nur die Normalität wiederspiegelt. Ich hoffe von ganzen Herzen insbesondere für die Jugend hier, dass sich der Iran bald öffnen wird. Die Wirtschaftssanktionen sind bereits auf dem besten Weg abgeschafft zu werden, da der neue Präsident bereits im letzten Monat ein Abkommen mit den Vereinigten Staaten bezüglich Irans Atomprogramms getroffen hat. Das geht doch schon in die richtige Richtung!

Ivan bringt Mashod ein bisschen Salsa bei, doch man muss aufpassen, da tanzen nicht wirklich erlaubt ist und schon gar nicht für ein Pärchen. Dann muss Mojde leider nach Hause. Ich hoffe, dass sie eines Tages in die Schweiz kommen kann.

 
 

Tag 125: Abreise aus dem Iran

Die Zeit vergeht schneller als man denkt und da ist es auch schon wieder soweit, auf geht´s in ein neues Land und ein neues Abenteuer. Nur ein Problem gibt es noch: Ivan hatte sich wohl verguckt, als er seine Visa-Anforderungen für Dubai im Internet überprüft hat. Denn als ich erneut schaue, steht ganz klar, dass er ein Visa braucht. Dazu ist es jetzt doch zu spät und so werden wir einfach die Strategie fahren, dass wir es nicht wussten. Frei nach dem Motto, wenn er erstmal auf dem Schiff ist und in Dubai ankommt können sie ihn auch nicht zurücksenden, da er nur ein Einfach-Eintritts-Visum für den Iran besitzt.

Wir verbringen noch die letzten Stunden auf dem Bazaar und finden auch noch Sadalen für Ivan. Dann erleben wir noch ein schönes Beispiel der "weil es so sein muss" Freundlichkeit in einer Falafel-Bude. Ein anderer Gast fragt, ob er für uns zahlen könne. Wir lehnen entschieden ab und sind bereit für einen "Doch,doch"-"Nein, Nein"-Kampf, aber der andere Gast verabschiedet sich nur.

Unsere Fähre soll um 21:00 Uhr abfahren. Viel zu früh fahren wir zum Hafen, ersten weil wir 3 Stunden vorher dasein sollen, zweitens, weil es noch etwas ausserhalb ist. Nach etwas warten treffen auch die Schweizer und die Franzosen ein. Was für ein unerwartetes Wiedersehen.

Während der Passkontrolle drücken wir die Daumen und es geht alles gut, Ivan wird aufs Boot gelassen. Schliesslich ist hier ja auch nur die iranische Ausreise, die sich nicht darum kümmert, ob man nun in Dubai einreisen darf oder nicht.

An Board bekommt jeder von uns eine Bank zugewiesen zum schlafen, doch vorher gibt es noch Abendessen. Nach dem Abendessen will Ivan gerade einen Kaffee kaufen gehen, als man uns einen privaten Raum, der eigentlich für die Crew gedacht ist, anbietet. Mit Klimanlage, Fernseher und Sofa. Und auf dem Schiff ist es ganz schön heiss... Die Iraner zeigen uns auch selbst zum Abschied nochmal, wie man mit Gästen umgehen sollte. Danke! Irgendwie fühle ich mich trotzdem nicht ganz wohl, dass wir eine Sonderbehandlung erhalten.


Tag 126: Zwischen zwei Grenzen

Zum Frühstück werden wir geweckt und beim Sonnenaufgang frühstücken wir auf dem Deck bei einer warmen Brise. Dann bald kommen wir in Dubai an. Ivan ist nervös, auch wenn er es sich nicht anmerken lässt. Im Ankunftsgebäude gehen wir einer nach dem anderen unseren Stemple holen. Ivan bekommt ihn aber nicht. Die Beamten sind sehr hilfsbereit und suchen Ivan die Nummer seiner Botschaft raus. Leider ist diese nur in Qatar vertreten und nicht in den Vereinigten Arabischen Emiraten und kann somit nichts tun. Die Beamten überlegen, ob sie eventuell ein Transitvisa beantragen können und es hört sich schon so an, als ob es geht und wir atmen alle durch. Dann jedoch sagen sie Ivan, dass dies nicht gehe und dass er zur Not eben mit dem Schiff zurück in den Iran fahren müsse (wo er auch nicht mehr einreisen darf, da es nur ein einfaches Einreisevisum war). Sie sehen ein, dass dies auch keine wirkliche Lösung ist und so nehmen sie Ivan mit aufs Polizeirevier gleich um die Ecke.

Wir warten und warten und warten...die Franzosen geben irgendwann auf und suchen schonmal ein Hotel in der Nähe. Die Schweizer und ich wollen aber gerne im Zentrum von Dubai (ca. 15km entfernt) auf Hotelsuche gehen. Also warten wir weiter...mittlerweile ist es 13 Uhr. Ich frage, ob ich denn ins Polizeirevier kommen könne, um mit Ivan zu reden. Dort sagen sie, dass sie nun doch versuchen werden ein Visum für Ivan zu bekommen. Alle sind wirklich hilfsbereit, bis auf einer, der wohl dagegen ist. Da ich nicht viel machen kann und auch nicht mehr aus Dubai ausreisen darf (sonst muss ich nämlich 6 Monate auf die nächste Einreise warten), beschliesse ich mit Ivan, dass die Schweizer und ich schonmal ein Hotel in Dubai suchen.

Wir brechen zunächst in unseren Outfits aus dem Iran auf, stellen jedoch schnell fest, dass wir hier wirklich kein Kopftuch und auch keine langen Oberteile brauchen. Wir sehen sogar Frauen in Mini-Shorts und Trägertop, für uns fast ein Schock. Auch an die Strassen voller neuer Autos, die alle in einer Reihe anhalten wenn die Ampel auf rot steht, müssen wir uns erst gewöhnen. Alles scheint ein wenig surreal und so fahren wir halb verträumt die 15km bis nach Dubai.

Im ersten Hotel, was wir sehen fragen wir nach dem Preis und werden recht schnell zurück in die Wirklichkeit geholt: 150 € für ein Doppelzimmer in einem Zwei-Sterne-Hotel. Die nächsten 5 Hotels sind auch nicht billiger und die meisten sogar voll, weil gestern war wohl der 42. Nationaltag der Vereinigten Arabischen Emirate war, länger gibt es dieses Land nämlich noch nicht. Viele Gedanken verschwenden wir daran in dem Moment nicht. Wir suchen nur unbeirrt weiter und gelangen dabei immer tiefer in ein Labyrinth aus kleinen, kaum 2-Meter breiten Gassen, welche von Läden gesäumt werden, die so ziemlich alles verkaufen. Trotzdem ist mit den Rädern alles ein bisschen stressig und man weiss nie, wem man jetzt gerade folgen muss. Irgendwann werden die Preise ein wenig günstiger, aber die Hotel bleiben voll. Irgendwann findet Jean-David ein 4-er Zimmer im Atlas Guesthouser für 125 Dirham pro Person (umgerechnet 25 €). Besseres werden wir wohl nicht finden und wir checken ein.

Gottseidank ein bisschen Ruhe....denke ich, als gerade Jean-David und Morgan in Panik ausbrechen, da sie ihr Portemonnaie mit sämtlichen Kredit- und sonst was Karten verloren haben. Morgan ist schon am Telefon um ihre erste Karte zu sperren, Jean-David versucht es noch irgendwie wiederzufinden. Dann hört er hinter sich zwei Leute auf arabisch reden, nur das Wort "Credit Card" scheint dem englischen gleich zu sein und er versteht es. Voller Verzweiflung spricht er die beiden an, ob sie ein Portemonnaie gefunden hätten...und es ist tatsächlich der Fall !!!! 200m weiter haben sie es gefunden und gehen wir durch ein Wunder gerade am Hotel vorbei. Jean-David kommt ins Hotelzimmer gerannt, wo Morgane die scheinbar komplizierte Sperrung noch nicht abgeschlossen hat und noch gerade alles zurückrollen lassen kann. Und dann können wir erstmal aufatmen.

Aber auch nicht wirklich, denn Ivan sitzt noch immer fest und es gibt keine Neuigkeiten. Wir kaufen etwas zu essen, auch für Ivan, der seit dem Frühstück nichts gegessen hat und dann mache ich mich auf den Weg zum Hafen....oder wollte ich zumindest, aber man muss erstmal ein freies Taxi finden. Nach 30 Minuten finde ich dann eines, doch nur um einzusteigen, mein Ziel zu nennen und zu erfahren, dass es aufgrund des Feierabendverkehrs ca. 1,5 Stunden dauern würde und er mich dort einfach nicht hinfahren will. Dann steige ich wieder aus. Ich entscheide mich für´s Fahrrad, auch wenn es bereits dunkel ist. Für Ivan muss es noch viel schlimmer sein...

Dann, gegen 19:00 Uhr die SMS, dass das Visum genehmigt worden ist. Im Dunkeln fahre ich also so schnell ich kann über teilweise 7-spurige Strassen, die absolut verstopft sind. Immer wieder erhalte ich ein paar Pfiffe, denn erstens hat hier kein einziges Fahrrad Licht und eigentlich fahren auch nur Inder (Männer) Fahrrad. Mir ist alles egal, denn ich habe nur das Ziel endlich anzukommen. Einen der zwei Hamburger habe ich bereits gegessen und der zweite ist bereits seit langem kalt. Also hole ich noch im Drive-In bei KFC ein weiteres Menü für Ivan. (Er mag doch so gerne KFC und den letzten haben wir in Griechenland gesehen).

Und 15 Minuten später, kurz vor dem Hafen kommt er mir auch schon entgegen...die Freude ist riesig, auch wenn wir uns nur einen halben Tag nicht gesehen haben (das kam ja auch seit Anfang der Reise nicht mehr vor :-) ) Ein paar Strassen weiter setzen wir uns in einer kleinen Bucht an den Strand und Ivan erzählt seine Geschichte und verschlingt halb ausgehungert das mitgebrachte Essen.

Er wurde kurz nachdem wir gegangen sind aufs Schiff gebracht und musste dort warten. Irgendwann wurde dann bereits die Fracht für den Rückweg nach Iran aufgeladen und als dann auch noch die Passagiere einstiegen, bekam es Ivan mit der Angst zu tun. Schliesslich hatte er noch nichtmal seinen Pass. Der Kapitän war ebenfalls der Meinung, dass es wohl keine gute Idee ist, ohne Pass wieder in den Iran zu schippern und rief die Polizei an. Zwei Minuten später erhielt ich die Erfolgs-SMS.

Wir lassen uns Zeit für den Rückweg, trinken noch eine frischgepressten Saft und geniessen eine Welt, die wir seit 2 Monate völlig vergessen haben: Mit Lichterkette dekorierte Fussgängerbrücken, Menschen, die in Cafés und Restaurants sitzen und alles ist einfach entspannt. Schon lustig, wie mir ein solcher Moment gefehlt hat. Aber auch schockierend, da es zeigt, dass wir in Europa wirklich keine Sorgen haben.

Tag 127: Schon wieder Vorbereitungen für Pakistan.

So, Ivan kann sich jetzt also 96 Stunden hier in Dubai aufhalten. Den Pass hat noch immer die Polizei, da sie Angst haben, dass wir nicht abfliegen. Wir sollen schnellstmöglich einen Flug buchen und ihnen dann die Tickets schicken. Da wir aber mit Fahrrädern fliegen wollen, fahren wir zum Flughafen, um uns genau über die Kosten zu informieren. Emirates ist zwar auf den ersten Blick teurer, aber wir können jeder 30kg mitnehmen, welches auch das Fahrrad enthalten darf. Die andere Airlines wollen unser Fahrrad nur per Cargo für viel zu viel Geld verschicken.

Also ab ins Internetcafé und Flug buchen. So das wäre schonmal geschafft, jetzt können wir endlich ein wenig Dubai geniessen, zumindest zwischen Gepäck packen und wiegen :-)

Dubai ist ein Mix aus Nationalitäten und Kulturen. Dabei sind 85% der Menschen Einwanderer aus Indien, Pakistan, Bangladesh und den Philippinen.

Dieser Mix hat es auch zu verantworten, dass neben komplett in schwarz verhüllten Frauen, andere in Minirock rumlaufen. Wir schlendern noch ein bisschen durch das Viertel unseres Hotels, Deira. Hier ist ein Shop an den anderen gereiht und man kann wirklich jeden Mist und nicht-Mist kaufen. Es gleicht schon fast einem Bazaar. Und den Fischmarkt lassen wir uns auch nicht entgehen.


Tag 128: Ein bisschen Sightseeing muss auch sein

Wir beschliessen die Metro zu nehmen, aber da geht das Problem auch schon los: Jean-David wollte das Hinterad seines Fahrrads richten lassen und nimmt es mit. Die von der Metro teilen uns aber mit, dass es viel zu gefährlich sei, wenn jemand darauf fällt. Okay, okay, wir bringen es ja schon zurück ins Hotel. Und wir dachten in der Schweiz sei man pingelig.

So richtig viel gibt es meiner Meinung nach in Dubai nicht zu besichtigen, ausser Einkaufszentren ("Malls"). Aber die haben es dafür in sich. Da gibt es z.B. das Einkaufszentrum mit eingebauter Skipiste. Aber Skipiste ist untertrieben, es ist ein ganzer Wintersportpark mit zwei Liften, vielen Tannenbäumen und Sprungschanzen. Selbst eine Bobbahn und Pinguine gibt es. Und danach kann man dann selbstverständlich ein Fondue essen, im Restaurant St. Moritz. Was auch sonst.

Dann machen wir eine Abstecher zu einem Fahrradladen. Leider liegt dieser zwischen zwei Metrostationen und so müssen wir einiges laufen. Immerhin finden wir dort zwei neue Ständer für unsere Fahrräder und die Schweizer Kartons für ihre Fahrräder für den Flug und Verpackungsmaterial für uns geben sie uns auch noch mit. Also machen wir uns mit 2 Fahrradkartons und einer Tüte Verpackungsmüll auf den Weg zur Besichtigung des höchsten Gebäudes der Welt, des Bal khalif. Leider ist es gar nicht so einfach dieses zu besichtigen. Denn erstens kommt man mit der Metro praktisch direkt in dem dazugehörigen Einkaufszentrum, und zweitens kommt man aus diesem auch so schnell nicht mehr raus. Wir fragen uns also durch und ein Security-Mitarbeiter fragt uns mit einem Lächeln auf den Lippen und den Finger auf die Kartons deutend: "Damit wollt ihr das höchste Gebäuder der Welt besichtigen?". Wir nicken und gehen weiter, immer den Schildern folgend, bis wir im Keller des Einkaufszentrums direkt den Zugang zu unserem Ziel finden. Blöd nur, dass alle Besichtigungen bis morgen Abend ausgebucht sind, aber 40 € wären uns wohl sowieso zu teuer gewesen. Eigentlich wollen wir doch das blöde Ding auch nur sehen. Und irgendwann finden wir doch noch einen Ausgang. Schon beeindruckend, aber irgendwie nur halb so beeindruckend, wie alles, was wir bis jetzt schon erlebt haben.

Diese ganze "ich-kann-alles-kaufen-was-ich-will-Welt" überfordert uns ein wenig und scheint uns reichlich oberflächlich. Trotzdem sind wir natürlich froh, mal wieder einen Kaffee in einem Café zu trinken oder chinesische Bratnudeln zu essen. Was für ein Luxus. Und trotzdem reicht es mir dann auch. Dubai kann man mal gesehen haben, muss man aber nicht. In vielerlei Hinsicht ähnelt es Singapur, aber ihm fehlt der Charme.

Tag 128: Fahrräder plus Gepäck = 30 kg?

Heute checken wir aus. Bis 12 Uhr müssen wir also unser Gepäck und unsere Fahrräder zusammen auf jeweils 30kg + Handgepäck reduzieren. Wir versuchen also so viel wie möglich wegzuschmeissen, alles schwere ins Handgepäck zu packen und 5 Schichte Kleidung inklusive Wanderschuhe bereitzulegen.

Dann treffen wir uns nochmal zum Abschied mit den Franzosen zum Mittagessen. Wir überlegen noch, ob wir uns die künstlichen Inseln in Palmform anschauen, haben aber eigentlich genug und holen somit die Fahrräder vom Hotel ab und radeln zum Flughafen. Dort angekommen, kleben wir ein bisschen Pappe um die Rahmen. Dann trifft Ivan sich mit der Polizei, um seinen Pass zu erhalten.

Inzwischen sehen wir, unser Flug wurde verschoben aufgrund starken Nebels in Lahore, anstelle von 4:00 Uhr morgens soll er erst um 7:30 Uhr morgens fliegen. Naja, da haben wir ja noch was Zeit, es ist nämlich gerade erst 20 Uhr des Vortages. Gut, dass wir schon einchecken können. Unsere Fahrräder will man so jedoch noch nicht annehmen. Wir sollen doch ein Plastik rumwickeln lassen. Auch gut! Dann gibt es noch Stress, weil wir keinen Rückflug aus Pakistan haben (Wie auch? Wir wollen ja weiter nach Indien mit dem Rad.) Irgendwann lässt man uns aber doch einchecken und aufgrund der Verspätung bekommen wir noch ein gratis Abendessen am Buffet. Auf den Liegen des Flughafens versuchen wir dann zu schlafen, aber wirklich möglich ist das nicht.

Tag 129: Vom Luxus ins Chaos

Um 9:30 Uhr heben wir eeeendlich ab. Ivan schläft fast die ganze Zeit, ich schaue einen Film, frühstücke und schlafe. Und dann landen wir in Lahore, Pakistan. Die Schlange zur Passkontrolle ist ewig lang und unorganisiert und wenn man mal eine Sekunde nicht aufrückt sind auch gleich 5 neue Personen vor einem. Da stellt man mal lieber seine deutschen Sitten ab und rückt dem Vordermann bis auf die Pelle. Und bloss keine Lücke lassen!!!

So, und jetzt die Koffer. Das kann spaßig werden. Rund um die Kofferbänder und selbst auf dem Podest in der Mitte der Fließbandrunde stehen Horden von Menschen. Zuerst brauchen wir einen Trolley, denn unser Handgepäck ist ganz schön schwer. Aber auch das ist nicht so einfach... auf mein Nachfragen deutet man in eine Richtung, wo ich gerade ein Reihe Trolleys ankommen sehen und aber innerhalb Sekunden keiner mehr verfügbar ist und die Männer sich diese sogar gegenseitig wieder entreissen. Ich warte auf den nächsten Schub, kralle mir einen, muss ihn noch zweimal mit einem Ruck aus der Hand anderer reissen, aber dann ist es meiner!!! Irgendwann kommen auch unsere Koffer und unsere Fahrräder. Alles wieder auspacken und zusammenbauen, Rückspiegel nach rechts wechseln und los geht´s in den den Linksverkehr.

Aus dem Flughafen raus müssen wir erst noch durch einen Korridor von Menschen, die auf die anderen Flugzeugpassagiere warten. Am Ende wäre es nichtmal mehr ein Korridor, wenn die Polizei nicht gründlich für Ordnung sorgen würde und immerhin noch den Weg der Breite einer Person freihält.

15km geht es durch chaotische Strassen in denen Eselskarren, auf Auto-Rickshaws (auch Tuk-Tuk genannt) und Motorräder treffen. Links und rechts ist die Strasse von Bäumen gesäumt und es gibt Vögel überall. Auf unbebauten Grundstücken wird Kricket gespielt, eine dem Baseball ähnelnde Sportart. (Wenn ich das hier laut sage, wird mir wahrscheinlich gesagt, dass der Vergleich etwa genauso gut ist wie der Vergleich zwischen Volleyball und Handball, aber für den durchschnittlichen Deutschen kann man den Vergleich wohl so stehen lassen.) An fast allen Ecken stehen Soldaten, teilweise in kleinen Holzhütten am Strassenrand mit bereits ausgerichtetem Maschienengewehr. Ein wenig mulmig wird einem da schon zumute.

Das moderne Dubai und die iranische Wüste ist vergessen. Hier sind wir in einer anderen Welt!!

Dass hier eigentlich Links-Vekehr herrscht scheint nicht alle zu interessieren und für uns ist es nur gut, dass das hier alles nicht so ernst genommen wird, denn wenn wir mal wieder beim abbiegen auf der falschen Seite stehen fällt dies überhaupt nicht auf.

Und dann kommen wir im "Lahore Backpackers" an. Sajjad und seine Freunde helfen uns alle Taschen und die Fahrräder in den dritten Stock zu tragen. Und dort erwarten uns drei Fahrradtouristen aus China, die von Indien nach Pakistan gekommen sind, genau unsere Gegenrichtung. Und zu unserem Glück haben sie auch noch Abendessen gekocht und so essen wir zusammen.

Tag 130: Schlafen und der europäische Teil von Lahore

Wir schlafen bis 14 Uhr. Ganz offensichtlich hat uns also etwas Schlaf gefehlt. Dann sammeln wir die ersten Eindrücke von Pakistan. Es gibt ein Supermarkt ganz in der Nähe des Hotels in dem man so ziemlich alles kaufen kann.

Auch wenn es hier nicht mehr Gesetzt ist, dass die Frauen ein Kopftuch tragen müssen, tun es trotzdem so gut wie alle. Meistens sogar einen breiten Schal, der um den Kopf und die Schultern gewickelt wird und hinten fast bis zu den Knien runterhängt.

Dann rufen wir die zwei Pakistaner an, die uns schon direkt am ersten Tag angehalten haben. Wenig später kommen sie zum Hostel und holen uns ab. Abdullah ist Arzt und ein Freund und Cousin ist auch dabei. Sie bringen uns zum europäischsten Teil von Lahore, einem Einkaufszentrum mit einem Riesen-Supermarkt und einem Vergnügungspark nebenan. Es ist lustig, dass sie uns gerade diesen Teil zeigen, wo uns dies doch am wenigsten interessiert. Aber wir verstehen sie auch, schliesslich wollen sie und zeigen, dass auch Pakistan modern ist.

Und so verbringen wir den Abend mit dem Anschauen traditioneller Kleider, die hier aber noch jede Frau trägt, in den Geschäften. Unsere Gastgeber wollen uns ungedingt etwas kaufen, aber das wollen wir nicht. Weil wir merken, dass sie sichtlich enttäuscht sind, lassen wir uns dann wenigsten ein biesschen Obst schenken. Trotzdem sind sie noch enttäuscht, dass wir nicht in den Vergnügungspark gehen wollten.

Und dann sehen wir noch ein Kamel auf der Strasse, welches eine beleuchtete Kutsche hinter sich herzieht. Die armen Tiere!

Tag 131: Indisches Visum

Wir versuchen mehr oder weniger früh aufzustehen um all die Visumsformalitäten hinter uns zu bringen. Die Stromausfälle helfen dabei nicht wirklich, denn gerade als wir alles in der Online-Form im Internetcafé ausgefüllt haben, fällt der Strom aus. Naja, dann heisst es abwarten und nochmal von vorne. Die Schließung des Visumsbüro rückt immer näher. Als wir ankommen und man unsere Dokumente überprüft, muss der Foto-Hintergrund auf einmal blau anstatt weiß sein (obwohl die Website explizit weiß sagt) und es werden noch weitere Kopien benötigt (obwohl wir schon alles doppelt und dreifach hatten). Gut, dass es gerade Strom gibt und die Kopien schnell gemacht sind. Auch die Fotos sind schnell blau gefärbt.

Und dann heisst es warten, bis wir dran sind. Und gefähr drei Stunden und dabei haben wir doch noch immer nicht gefrühstückt vor lauter Bürokratie.

Als wir endlich dran sind, fragen wir, wie lange es denn dauert und bekommen zur Antwort "unter einem Monat". Wir hoffen, dass sie das nicht so ganz ernst meinen.

Und dann kaufen wir noch alles ein um einen Riesen-Topf Spaghetti Bolognese für alle Leute im Hostel zu kochen. Ich fühle mich schon fast schlecht, weil ich so etwas Gewöhnliches koche. Aber als es erstmal auf dem Tisch steht sind alle begeistert und ich stelle fest, dass es für die hier Anwesenden, Chinesen, ein Südkoreaner und Pakistani, überhaupt nicht gewöhnlich ist. Es kommt eben immer auf den Blickwinkel an.

Tag 132: Bazaar in Pakistan

Wir spazieren über den Markt mit seinen kleinen Gassen und Farben überall. Man kann so ziemlich alles kaufen und es gibt etliche Buden, die die Stoffe für die Kleider der Frauen hier verkaufen. Leider wird das Bild getrübt, durch die Menschen, die im Müll suchen und die vielen Kinder, die arbeiten, im besten Falle verkaufen oder aber schwere Säcke schleppen. Pakistan ist eben doch ein armes Land, aber mit viel Hoffnung. Jeder unser Gesprächspartner ist überzeugt, dass es bald eine Einigung mit den Taliban geben wird. Gerade jetzt finden Diskussionen zu einer Einigung statt, allerdings sind....Recherchen notwendig

Wir kaufen schonmal Gemüse zum kochen ein und eine volle Tüte gibt´s für 100 pakistanische, umgerechnet ca. 60 Cent.

Im Hostel angekommen, teilt uns Sajjad mit, dass er und seine Freunde für uns kochen werden. Umso besser.

Tag 133: Feiertag zum Gedenken an Kachmir - Hausarrest

Heute ist Feiertag in Pakistan, welcher als Protesttag für die Region Kachmir dient. Diese Region liegt im Himalaya zwischen Indien und Pakistan und es ist bis heute nicht klar geregelt zu welchem der beiden Länder diese Region gehört. Bei der Teilung von Britisch-Indien 1947 in Indien und Pakistan wurden alle Gebiete mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung Pakistan zusgesprochen, alle anderen Indien. Nur für Kaschmir galt diese Regel nicht, stattdessen durften sie selbst entscheiden. Und das führt bis heute zum Streit. Es gab zwar offiziell ein Votum, indem die Bevölkerung für Indien gestimmt hat. Dieses wird aber von Pakistan nicht akzeptiert, da nicht die komplette Bevölkerung teilgenommen hat.

Uns wird geraten liebe im Hostel zu bleiben und nur von der Dachterasse und mit Kopfbedeckung zuzuschauen. Gottseidank bleibt aber alles friedlich und gegen Nachmittag gehen wir sogar auf die Strasse um ein Sharwarma, eine Art süßlichen Döner, zu essen.

Tag 134: Fast das Taj Mahal...

Heute fahren wir zusammen mit Yoon, einem Südkoreaner, trotz Regen mit dem Tuk-tuk zur Badshahi-Moschee, einer der grössten Moscheen der Welt und errichtet vom Sohn des Shah Jahans, welcher das Taj Mahal in Indien errichten ließ. Die Moschee ist beeindruckend, auch wenn wir unsere Schuhe ausziehen müssen und über den kalten, verregneten Boden stapfen müssen.

Im Anschluss kaufe ich mir auf dem Bazaar noch einen traditionellen, breiten Schal, damit ich hier im Strassenleben nicht so auffalle. Der komplette Bazaar ist mit Pfützen und Matsch übersäht und so springen wir von Stand zu Stand.

Am Wochenende sind wir auf eine Hochzeit von einem von Sajjads Verwandten eingeladen. Und natürlich brauchen wir auch ein entsprechendes Outfit. Ich bekomme eines von Sajjads Cousine ausgeliehen und für Ivan bestellen wir eins beim Schneider.

Am Abend ist wieder chinesisches Essen angesagt und ein grosser Sturm mit Gewitter zieht auf und es kühlt ordentlich ab. Sogar so sehr, dass die Gasleitung des Herdes an eine Art Heizlüfter angeschlossen wird.

Tag 135: Hochzeit Teil I

Eine Pakistanische Hochzeit dauert normalerweise drei Tage, wurde aber in diesem Fall auf zwei Tage zusammengeschrumpft. Dabei findet alles zwischen Frauen und Männer getrennt statt bis auf der letzte Teil des dritten Tages.

Um 12 Uhr geht es los zum Ort der Hochzeit, der Garten einer muslimischen Jungenschule. Worüber ich nicht nachgedacht hatte: Natürlich gehen wir auf den Teil der Hochzeit, der für die Männer bestimmt ist. Und so sitze ich also auf einem Stuhl im Schulgarten zwischen bestimmt 100 Männern, die sich auf den Reis mit Curry-Hähnchen gestürzt haben und jetzt munter essen. Wir warten bis der grosse Trubel vorbei ist und holen dann auch unser Essen.

Eine Gruppe von 5 Männern ist mit ihren Pistolen angerückt und schiesst immer mal wieder und ohne Vorwarnung in die Luft. Uns fällt jedes Mal fast das Essen aus der Hand (ich würde ja schreiben "von der Gabel", aber die gibt es hier nicht. In Pakistan ist man mit der rechten Hand, die linke wird fürs Waschen auf der Toilette benutzt).

Dann nutzt Sajjad die Zeit uns ein bisschen die Landwirtschaft zu zeigen, die hier aus Erdbeer- und Kartoffelfeldern und Büffeln besteht. Ein wirklich anderes Pakistan, als das, was wir bis jetzt kennengelernt haben und wahrscheinlich der grössere Teil. Grün, ruhig, altmodisch und schön!

Und obwohl wir schon ein bisschen Zeit überbrückt haben, war es wohl nocht nicht genug. Denn als wir im Haus des Bräutigams ankommen, heisst es warten. Und zwar für 4 Stunden, aber das scheint keinen wirklich zu stören, denn es ist wohl normal. Keiner weiss genau warum. Ein paar Familienmitglieder streiten ein bisschen, gestylte Frauen huschen immer wieder an uns vorbei, denn hier im Haus scheint die Trennung nicht mehr ganz so strikt, auch die Frauen aus der direkten Familie dürfen teilnehmen.

Und dann endlich gegen 19 Uhr fangen Trommeln an zu schlagen und es geginnt eine Zeremonie in der der Bräutigam auf dem Sofa platznimmt und ein Gast nach dem anderen sich neben ihn setzt, ihm eine runde süsse Kugel zu essen gibt, Öl ins Haar schmiert, Geld wahlweise im Kreis um den Kopf bewegt oder wie ein Geldregen über den Kopf wirf, fotografiert wird und dann der nächste Gast dieselbe Prozedur wiederholt. Dazu gibt es lautes Trommeln. Der Bräutigam sah nicht sehr glücklich aus und die süssen Kugeln schienen ihm auch nicht zu schmecken. Aber ich möchte auch nicht in seiner Haut stecken.

Und dann ist der erste Teil der Hochzeit zu Ende und wir fahren nach Hause. Was für eine Erfahrung!

Tag 136: Hochzeit Teil II - Eine Hochzeit ohne Braut

Heute findet der zweite Teil der Hochzeit statt. Auf dem Weg holen wir Sajjads Schwester und ihre Tochter ab, die auch ein Kleid für mich mitbringt. Ivan hat sein Outfit bereits gestern erhalten und mit seinem Bart und den schwarzen Haaren geht er perfekt als Pakistani durch.

Die Tochter übergibt sich auf dem Weg im Auto, was aber keinen weiter wundert (uns auch nicht), denn wenn wir schon immer mal wieder Bauchschmerzen haben, dann muss es Kindern ja noch viel schlimmer ergehen.

Dann kommen wir in Sajjads Haus an. Wirklich willkommen sind wir hier nicht, insbesondere nicht von seiner Frau. (Dazu muss gesagt sein, dass er und seine Frau eine arrangierte Hochzeit hatten als sie 15 und er 30 war.) Vielleicht ist das nicht der Grund und vielleicht interpretiere ich mit meinem westlichen Hintergrund zuviel in die Situation hinein und es ist nur ein normaler Streit. Trotzdem richtet sie mich her und schminkt mich wie hier fast alle, die an der Hochzeit teilnehmen, geschminkt sind. Ich fühle mich reichlich aufgetakelt, aber so muss das wohl sein.

Dann besichtigen wir noch die zukünftige Wohnung des Ehepaars, welche im oberen Teil des Hauses der Familie des Bräutigams zu finden ist. Es ist hier üblich, dass es bereits ein Haus oder eine Wohnug für das Ehepaar geben muss. Alle Einrichtungsgegenstände über Möbel, Porzellan etc. müssen von der Familie der Braut bezahlt werden.

Hier sind wir wieder willkommen und zwar richtig. Ich werde direkt von allen Frauen (Cousinen und Tanten) auf die Dachterasse gezerrt, wo mir noch die Nägel lackiert werden und ich in einer schmerzlichen Aktion der Grossmutter Armreifen übergestülpt bekomme (meine Hände sind nämlich wesentlich breiter, als der meisten Frauen hier). Und dann gibt es noch eine grosse Foto-Session.

Irgendwann ist dann die Fahrt zum Festzelt angesagt. In einer grossen Prozession mit einer Band bewegen wir und zum Parkplatz, wo die meisten Autos und Motorräder geparkt sind. Dabei gibt es jedes Mal eine grosse Rangelei zwischen allen Kindern, wenn mal wieder einer der Erwachsenen einen Stapel 10-Rupee-Scheine in die Luft wirft. Das soll Glück bringen und kommt immer mal wieder vor.

Alle steigen in ihre Fahrzeuge und dann geht es zu einem Zelt, welches auf einem Acker aufgebaut ist. Aus irgendeinem Grund geht es nicht weiter und so warten wir eben munter; das sind wir ja schon gewohnt.

Dann irgendwann dürfen wir alle aussteigen und das Zelt betreten. Der Bräutigam und sein Vater sitzen auf einer Bühne. Dann kommt ein Imam (islamischer "Priester") und traut das Brautpaar. Okay, Brautpaar ist übertrieben, denn bis jetzt ist noch immer alles zwischen Frauen und Männern getrennt. Das heisst, bis jetzt hat der Bräutigam seine Braut noch nie gesehen. Seine Eltern haben sie für ihn ausgesucht. Und nach einigen Gebeten unterschreibt er die Trauungspapiere. Was für eine Wundertüte! Und dann stürzen sich erneut alle auf das Essen und Ivan und ich haben keine andere Wahl als auf der Bühne zu essen, auch wenn wir die Aufmerksamkeit gar nicht wollen, insbesondere ich nicht, da ich ja noch immer die einzige anwesende Frau bin.

Es gibt noch viel Musik und immer mal wieder Maschinengewehr-Schüsse in die Luft, oder besser in die Decke des Zeltes, aber auch das stört keinen. Von dieser Gelassenheit könnten wir uns öfter mal eine Scheibe abschneiden.

Und dann tauche ich in meine Gedanken ab...eine arrangierte Hochzeit schein für uns erstmal undenkbar, aber ich habe mal mit einer Couchsurferin aus Indien darüber geredet und sie sagte absolut überzeugt, dass sie es unglaublich praktisch findet, dass die Eltern ihr einen Partner aussuchen. Dann muss sie sich wenigstens nicht darum kümmern und schliesslich würden sie sie ja gut kennen und vielleicht sogar besser wissen, wer zu ihr passt. Und ich denke mir immer, dass es ja vielleicht gar nicht schlecht ist, wenn man weiss, dass dies jetzt der Partner fürs Leben ist und man eben alles tun muss, damit es funktioniert. Denn in unser heutigen Gesellschaft schmeißen wir oft viel zu schnell das Handtuch....und bevor ich weiter denken kann, werde ich von klingelnden Glöckchenfußbändern aus meinen Gedanken gerissen.

Inzwischen sind zwei Zigeunerjungen angekommen, die als Frauen verkleidet sind und zur Musik tanzen und singen. Sie tanzen immer mal wieder ein paar Männer an, die ihnen dann Geld geben. Wenn man kein Geld gibt, bringt das angeblich Unglück.

Und jetzt warten wir auf die Braut...aber das kann dauern und da es schon spät ist, fahren wir schon zurück ins Hostel. Und so endet die Hochzeit für uns, eine Hochzeit ohne Braut.

Tag 137: Noch ein Tag warten

Mal wieder schlafen wir lange und bleiben auch sonst praktisch den ganzen Tag im Hostel. Es ist nämlich Sonntag und im Gegensatz zum Iran ist hier das Wochenende nicht Donnerstag und Freitag, sondern wie bei uns Samstag und Sonntag. Und somit ist alles geschlossen und wir ruhen uns aus.

Tag 138: Beschäftigung suchen

Wie Ivan immer sagt, ich habe Hummeln im Popo und somit muss ich mir hier irgendeine Beschäftigung suchen bevor mich das Warten verrückt macht. Stricken! Schon vor unserer Radtour hatte ich ein Paar fingerlose Handschuhe ins Auge gefasst, aber bevor ich mich an diese machen kann, muss ich erstmal ein bisschen üben. Ausser einem Schal lediglich mit rechten Maschen vor Jahren bei meiner Oma (Danke Omi für´s Beibringen) habe ich nämlich noch nie gestrickt. Aber es gibt ja Internet und Youtube und da kann das alles nicht so schwierig sein. Nur zuerst muss mal Wolle uns Stricknadeln her. Das ist hier in Pakistan gar nicht so einfach. Wir schlendern über den Basar und fragen an jeder Ecke, aber obwohl wir das Wort für Sticknadeln und Wolle in Urdu aufgeschrieben bekommen haben und ich versucht habe mich künstlerisch zu verwirklichen und auch noch ein Bild daneben gemalt habe, scheint keiner zu wissen, wo man soetwas kaufen kann. Erst als wir eigentlich schon aufgegeben haben und uns gerade auf den Rückweg machen, entdeckt Ivan Wolle in der hinteren Ecke eines Standes. Wie gut, meine Visa-Wartezeit ist gerettet!!

Dann kommt noch Kim im Hostel an, eine Deutsche mit Freund aus Afganistan. Dieser soll in Kürze nachkommen und sie dann nach Kabul begleiten. Ganz schön wagemutig. Denn gegen Afganistan scheint mir Pakistan der Frieden auf Erden, zumindest ist das mein Bild aus den Medien. Aber gerade auf dieser Reise lerne ich immer mehr nicht in die Medien zu vertrauen, denn die berichten immer nur über den "Klatsch & Tratsch" (wie Ivan sagen würde), aber nie über das alltäglich Leben.

Und dann noch eine letzte Neuigkeit, die insbesonderen meinen Papa freuen wird: Unser Kamera wird repariert und macht dann endlich keine grauen Punkte mehr im Himmel...hoffen wir zumindest.

Tag 139: Ein Schal im Patentmuster

Viel gibt es nicht für heute zu erzählen. Hauptsächlich stricke vor mich hin und Ivan liest auf seinem Kindle (Ebook-Reader, den ihm übrigens meine Eltern zum Geburtstag geschenkt haben und bei denen er sich nochmals herzlich bedankt in seinem spanischen Blog). Sicherlich zusammen mit dem Zelt eine der besten Investitionen für diese Reise.

Und unsere Kamera ist auch fertig. Ab sofort sind unsere Bilder hoffentlich ohne graue Punkte, und wenn nicht, dann müssen wir wohl mal die Linse reinigen (´ne Papa ;-) ).

Tag 140: Frauen an die Macht

Als wir heute aus Langeweile mal wieder von unserer Dachterasse auf die Strasse schauen, entdecken wir eine Frauendemonstration. Ich bin ziemlich aufgeregt, denn schließlich ist dies genau das, was Pakistan braucht (meiner Meinung nach). Wir gehen direkt runter und ich unterhalte mich ein bisschen mit den Frauen und ermutige sie sich auch weiterhin für ihre Rechte einzusetzen. Bis zur nächsten Kreuzung gehen wir sogar mit, aber da es immer überall heißt, dass sich Touristen von jeglichen Demonstrationen fernhalten sollen, kehren wir wieder um.

Tag 141: Sufi Nacht

Ivan ist mal wieder irgendetwas nicht bekommen und liegt den ganzen Tag schlapp und mit Bauchschmerzen im Bett. Aber heute Abend ist Sufi Nacht und die kann ich mir nicht entgehen lassen und so lasse ich meinen kranken Schatz zurück und mache mich mit Kim auf den Weg.

Wir treffen uns mit den zwei offenbar berühmten Trommlern, zwei Brüdern von denen einer taub ist. Sie sind wohl öfter mal auf Welttournee und waren auch schon in Deutschland.

Und jeden Donnerstag Abend geben sie hier ihr Können umsonst zum besten. Zusammen mit einem Tänzer im langen roten Kleid, der ein bisschen wie in Trance zu der Trommelmusik tanzt und sich dabei immer wieder mit ausgestreckten Armen scheinbar unendlich lange um sich selbst dreht, als ob ihm nie schwindelig werden könnte. Zwei Stunden lang sitzen wir im Schneidersitz auf dem Boden direkt neben den Trommlern und wir haben das Gefühl selbst fast in Trance zu fallen von dem ohrenbetäubenden Rhythmus. Es werden jede Menge Joints geraucht und Marihuana-Milch verteilt. Um 1 Uhr morgens ist die Vorstellung vorbei und wir treffen noch Dunja, eine Russin, und Yannis, einen Deutschen, die sich unterwegs getroffen haben und zusammen per Autostop durch Pakistan gereist sind. Wir werden vom Tuk-Tuk zurück nach Hause gebracht.

Tag 142: Durch die Stadt schlendern

Yannis und Dunja holen Kim und mich heute ab, um ein bisschen die Stadt unsicher zu machen. Ivan geht es leider noch nicht wirklich besser und so bleibt er noch im Bett.

Etwas wirklich neues entdecken wir nicht, aber wir haben unseren Spaß in den Straßen und auf dem Basar. Am Abend gibt es noch Chicken Briyani und für Yannis gebratene Büffel-Hoden, eigentlich gar nicht so schlecht wie man es sich vorstellt.

Die Tage 143 und 144 sind einfach so irgendwie vorüber gegangen.

Tag 145: Wagah Grenze

Wir erwachen ein bisschen aus unserer Faulheit und machen uns mit dem Fahrrad auf den Weg zur 30 km entfernten Grenze. Hier findet jeden Tag eine Zeremonie zur Schliessung der Grenze um 16:00 Uhr statt.

Bereits eine halbe Stunde vorher gibt es zwei riesige Schlangen vor dem Eingang, eine für Frauen und eine für Männer. Wir haben mal wieder das Touristen-Privileg und dürfen schon vorher rein und uns den besten Platz aussuchen. Es gibt eine Tribüne für Frauen und eine für Männer und ein paar Stuhlreihen direkt an der Straße, welche gemischt sind. Wir wählen einen Platz in der ersten Reihe und warten. Nach und nach füllen sich die Tribünen und es entsteht eine Stimmung besser als in jedem Fussballstadium. Ein Moderator heizt die Mengen durch die Lautsprecher an und es gibt immer wieder Sprechgesänge, die den Stolz der Pakistani ausdrücken. Durch die geschlossenen Tore hört man dieselbe Prozedur auf indischer Seite.

Und dann geht es los. Es ist ein riesiges, theatralisches Kräftemessen zwischen indischen und pakistanischen Soldaten, jedoch ohne sich zu berühren. In fast lächerlichen Schritten, bei denen die Füsse bis zur Schulter geschwungen werden nähern sie sich möglichst schnell der Grenze und lassen dort ihre Oberarmmuskeln spielen. Dasselbe passiert auf indischer Seite und die Soldaten treffen sich an der Grenze. Die Lautsprecher grölen und heizen das ganze an. Pakistanische Fahnen werden von fast jedem Zuschauer geschwenkt und insbesondere die Frauen-Tribüne macht richtig Dampf mit Schunkeln, Schreien und Arme schwenken. Ein geniales Spektakel in den bunten Kleidern. Einzigartig!

Nach einigem Posen werden noch die Flaggen heruntergelassen und die Tore schließen sich entgültig für diesen Tag.

Dies ist die einzige offene Grenze zwischen Pakistan und Indien und die Zeremonie soll an die Teilung der beiden Länder erinnern.

Nach Ende machen wir uns schnell auf den Weg, denn die Sonne geht schon unter und wir wollen so wenig wie möglich Zeit im Dunkeln durch Lahore radeln. Einen Zwischenfall gibt es noch: Und zwar ist eine der Hauptkreuzungen von Lahore gleich vor unserem Hostel unter Sitzblockade sämtlicher Frauen, offenbar schon seit heute morgen und sie bereiten sich für die Nacht vor. Diesmal sind es Frauen, die für die Regierung arbeiten und sich für bessere Verträge einsetzen, wie z.B. eine Kündigungsfrist. Ich bin doch ein bisschen überrascht, und zwar positiv. Weiter so!!!

Tag 146: Gute Nachrichten, unsere Visa sind fertig.

Heute Morgen erwartet Sajjad uns mit einer guten Nachricht: Unsere Indien-Visa sind fertig! Also machen wir uns gleich auf den Weg unsere Pässe abzuholen.

Danach gehe ich mit Thea, einem Mädel aus Georgien (wie heißen die weiblichen Bewohner dieses Landes auf deutsch?) shoppen. Wir möchten nämlich beide unbedingt eines der bunten Kleider der Pakistanerinnen haben. Sie wird fündig, ich leider nicht, was aber auch nicht weiter schlimm ist, da uns ja noch Indien bevorsteht.

Nach dem Essen wollen Ivan und ich noch zu einem Outdoor-Shop, den wir in den Gelben Seiten im Internet gefunden haben, per Tuk-Tuk. Thea und ein Chinese, den einfach alle "China" nennen, kommen auch mit. Erst stehen wir Ewigkeiten im Stau, weil die Sitzblockade noch immer anhält, dann hält der Fahrer des Tuk-Tuks irgendwo an, weil er etwas erledigen muss und lässt uns ca. 15 Minuten warten. Wir amüsieren uns derweil mit dem Tuk-Tuk. Und später geht dem Tuk-Tuk auch noch das Gas aus. Also muss ein neues Tuk-Tuk her. Aber irgendwie finden wir den Laden nie, da er wohl einfach nicht mehr existiert und kehren irgendwann ins Hostel zurück.

Auch nicht wirklich schlimm, denn dass wir morgen endlich wieder aufbrechen können, hat uns einen Schub guter Laune und Motivation gegeben, die so schnell keiner trüben kann. Warten, wenn man nicht weiss wie lange, kann nämlich schon ein bisschen nerven.

 

 






 

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